WARUM ENTSTAND DAS LAGER AUF DER INSEL GOLI OTOK?

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Jugoslawien – „Sowjetischer Satellit Nummer 1“

An der Spitze der siegreichen Armee im Zweiten Weltkrieg übernahmen die Kommunisten nach Kriegsende die Macht in der neu gegründeten Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien. In den folgenden Jahren suchen sie nach dem wichtigsten Vorbild in der Organisation des politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens in der Sowjetunion. Obwohl die Kommunisten auch in anderen osteuropäischen Ländern an die Macht kommen, wird Jugoslawien wegen seiner Starrheit beim Kopieren und der Übernahme des sowjetischen Modells als „sowjetischer Satellit Nr. 1“ bezeichnet.

Bilder von Stalin und Tito auf jugoslawischen Straßen vor der Kominform-Resolution

Eine solche Situation dauerte nicht lange. Bereits während des Krieges war klar, dass die antifaschistische Widerstandsbewegung, die massivste und am besten organisierte in Europa, den jugoslawischen Kommunisten eine andere Stellung in der Gesellschaft verschaffen würde als den Kommunisten in den von Einheiten der Roten Armee befreiten Ländern. Eine besondere Stellung kommt Josip Broz Tito, dem Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Jugoslawiens und dem Anführer der siegreichen Partisanenbewegung, zu, um den während des Krieges ein starker Personenkult begann und der sich nach dem Krieg weiter aufbaute.

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Resolution des Kominforms (des Kommunistischen Informationsbüros)

Die Meinungsverschiedenheiten des offiziellen Moskaus mit den außenpolitischen Bestrebungen Belgrads, insbesondere in Bezug auf die Notwendigkeit der Bildung sogenannter Balkan-Föderationen sowie Stalins wachsende Feindseligkeit gegenüber Tito führen zu häufiger Kritik an der jugoslawischen Kommunisten- und Staatsführung. Der entscheidende Moment, der die künftigen jugoslawisch-sowjetischen Beziehungen bestimmen sollte, war die im Juni 1948 veröffentlichte Resolution des Kominforms, des Gremiums, durch das die Kommunistische Partei der UdSSR die Arbeit aller anderen europäischen kommunistischen Parteien kontrollierte.

Der Konflikt zwischen Stalin und Tito in den Augen der westlichen Medien

Die Resolution beschuldigte Jugoslawien des Verrats grundlegender kommunistischer Prinzipien und zahlreicher Fehler in der Führung der Innen- und Außenpolitik. Zu jedermanns Überraschung akzeptierten Tito und Jugoslawien keine Kritik, sondern erklärten den Angriff von Mitgliedern des Kominforms für unrichtig und ungerecht. Obwohl die jugoslawische Wirtschaft damals weitgehend von der Zusammenarbeit und dem Austausch mit der UdSSR und anderen kommunistischen Staaten abhing und die Beziehungen zum Westen in jeder Hinsicht sehr schlecht waren, beschloss die von Tito geführte jugoslawische Führung, Widerstand zu leisten.

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„Ibeovci“ – Stalins Unterstützer

Neben den Folgen des Abbruchs diplomatischer, wirtschaftlicher, kultureller, sportlicher und anderer zwischenstaatlicher Beziehungen stellte die neue Situation eine Bedrohung für die Souveränität und Integrität Jugoslawiens dar. Die Anhäufung von Streitkräften und die häufigen Zwischenfälle an der Grenze zu Jugoslawien wurden von vielen als Schritt in Richtung einer militärischen Aggression gegen dieses Land angesehen. Damals galten jene jugoslawischen Kommunisten, die weiterhin an die Unfehlbarkeit der Sowjetunion und Stalins glaubten, als wichtiger Faktor der Instabilität. Solche Personen gab es auf allen politischen und Führungsebenen, von den niedrigsten lokalen bis zu den führenden staatlichen und föderalen. Ein besonderes Problem waren die Kommunisten in den Reihen der Jugoslawischen Armee (Jugoslovenska Armija), insbesondere diejenigen, die hohe Kommandopositionen innehatten. Dass die Befürchtung nicht ganz unberechtigt war, es also nicht um irrationale Paranoia und diverse tendenziöse Verschwörungstheorien ging, zeigt auch die Tatsache, dass mehrere hochrangige Militärleute im Sommer 1948 eine Verschwörung mit dem Ziel der Durchführung eines Staatsstreichs planten. In der sogenannten Generalen-Verschwörung nahmen der Generalstabschef der Jugoslawischen Armee, General Arso Jovanović, der stellvertretende Chef der politischen Hauptdirektion der Jugoslawischen Armee, General Branko Petričević, und der Chef der Direktion für Agitation und Propaganda der Jugoslawischen Armee, Oberst Vlado Dapčević, teil. Nachdem ihre staatsfeindlichen Aktivitäten vereitelt wurden, versuchten die drei Offiziere, nach Rumänien zu fliehen. Bei dieser Gelegenheit wurde Jovanović an der Grenze getötet, während Dapčević und Petričević festgenommen und zu langen Haftstrafen verurteilt wurden.

Vlado Dapčević, Partisanenkommandant und Offizier der Jugoslawischen Armee

Laut einem späteren Polizeibericht: „Für die Resolution des Kominforms erklärten sich 9 Teilnehmer der Oktoberrevolution, 25 Kämpfer des Spanischen Bürgerkriegs, 233 Vorkriegsmitglieder der KPJ, 8 Mitglieder des Zentralkomitees der KPJ (Kommunistische Partei Jugoslawiens), 16 Mitglieder des Zentralkomitees der KPJ, 16 Mitglieder der Zentralkomitees der Republik, 6 Bundesminister, 23 Mitglieder des jugoslawischen Parlaments, 25 Abgeordnete der Republik, 6 Generäle, 170 hochrangige Offiziere der Jugoslawischen Armee, 266 Offiziere der UDBA, 170 Richter, 1307 Träger der Auszeichnung ‚Spomenica 1941 (zu dt. Gedenkzeichen)‘, 587 Kriegsinvaliden, usw.“

Die Entwicklungen im Land, beziehungsweise die durch die Kominform-Resolution verursachte Verwirrung unter den Kommunisten sowie die wachsende offene Feindseligkeit seitens der osteuropäischen kommunistischen Staaten, wurden von der jugoslawischen Regierung als Warnung und Ermutigung zum Reagieren empfunden. Um die potenzielle Bedrohung durch den „inneren Feind“ zu beseitigen, beschloss die Staatsführung, „Stalinisten“, „Informanten (Unterstützer des Kominforms)“ oder die „Ibeovci“ zunächst in den bestehenden Gefängnisanstalten und dann in einem Sondergefängnis, das für diesen Anlass errichtet wurde, in dem Gefangenenlager auf Goli Otok zu inhaftieren.

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